III
Ich gehe ihr nach. Steige in den Zug ein, in die Franz-Josefs-Bahn. Sitze neben
ihr, auf der harten Holzbank und wir werden durchgerüttelt, dass die Zähne
klappern.
Für Wien muss ich mich erst einlesen. Über den Kaiser, das Leben der kleinen
Leute um die Jahrhundertwende.
Julie ist blass. Sie starrt in die vorbeiziehende Landschaft hinaus.
Ich möchte ihr gerne über den Arm streichen. Julie zieht ihn näher an den
Körper. Faltet die Hände im Schoß.
Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir unterwegs sein werden.
So viel Zeit für so viele Gedanken. Keinen einzigen werde ich je erfahren.
Im Spiegelbild des Zugfensters vermeine ich zu erkennen, dass ihre Unterlippe
leise zittert.
Am Bahnhof in Wien verliere ich sie aus den Augen. Es ist ein Gedränge von
Menschen mit Schirmen, Koffern und Kisten.
Es riecht unangenehm nach Urin, nach faulendem Unrat.
Mir wird übel. Muss mich setzen. Ich weiß nicht, was gerade geschieht.
Gabriele Pflug
Du kannst es wirklich, das Schreiben. So elegant, wie du den Zeitsprung zur nächste Szene gestaltest!
AntwortenLöschenBeim ersten Teil habe ich noch gedacht: Schade, der Text ist nicht so meins. Aber dein Stil fesselt mich über den Inhalt hinaus.
wie schön, dass du dabei geblieben bist, denn deine kommentare bedeuten mir wirklich viel!
Löschenliebe grüße
gabriele
Diese Nähe und gleichzeitige Ferne zwischen Schöpfer(in) und Geschöpf ist sehr schön eingefangen, finde ich. Und mir gefallen die Szenen, die da dafür entwirfst: hier die Zugfahrt und das Verlieren der Figur in der Menge am Bahnhof.
AntwortenLöschenDanke!!!
Löschengabriele