während ich hier sitze und schreibe

fällt kretischer wind ein
salzgeruch aus geschichteten erinnerungen
würzt blauen hochsommer
über kuppen jagen ginsterhorden

ich glaubte zu wissen
es stehe sich schwindelfrei
auf der höhe des lebens
vor meinen füßen das meer
und alle antworten schwammen
im braunen auge des metaxas
indes zikadengesang
den himmel verbrannte

und während ich hier sitze und schreibe
wachsen birkenarme um mein haus
setzt das jahr seine zeit auf halbmast
kehren abends die bleichen namen heim
und ich teile mit ihnen teller und stuhl



Mit diesem Gedicht verabschiede ich mich in eine vorgezogene Sommerpause.
Sehr herzlich möchte ich mich bei allen Leserinnen und Lesern bedanken. Es tut gut, zu wissen, dass meine Gedichte mit viel Respekt und Freude gelesen werden.
Dafür gilt mein ganz besonderer Dank!

Gabriele Pflug

im aufsteigenden licht


wenn der morgen sich aufblättert
mit den immer gleichbleibenden hügeln
ihren kronen aus fichten und tannen
den straßen, die dahin und dorthin führen

mit denselben schatten
die langsam von der mauer
des verlassenen hofes gleiten
in dem eulen wohnen
und unsichtbar die bauersleute
durch das fenster auf mich blicken
dann vermeine ich
etwas neues verberge sich
im aufsteigenden tageslicht


gabriele pflug

 

wortreich

wenn du das buch öffnest
erwacht der herzschlag der wörter

farben und gerüche wachsen
in deinen augen
knospet die welt
 
 
 
gabriele pflug
 
 
 
 

große kleine liebe

es herrscht nacht
und die liebe ist weit weit fort

noch geht die zeit nicht gegen morgen
noch weht sternlicht ans fenster

und ich warte und zähle die schritte
die du brauchst und die liebe
wird immer größer und größer
bis mein kopf schmerzt

doch mit den stunden wird sie
kleiner und kleiner sodass sie
endlich durch den türspalt passt


gabriele pflug

der himmel


ist ein notizblock
mit einträgen, bitten
und randbemerkungen

damit er nicht
verloren geht
bläue ich mir
seinen platz ein


© G.P. 2016 

morgenbild


das licht, das schräg auf die häuserzeile fällt, verströmt eine gewisse traurigkeit. immer noch anhaltender regen. er verglast die straßen, überzieht alles mit verwässertem grau. der himmel ist ein wolkenmeer. schornsteine ohne rauch. ein leerer morgen. ohne die bewegung eines menschen. wären wir nicht mehr, wer würde die traurigkeit des lichts erwähnen? wäre sie noch von bedeutung? vielleicht ist sie ein ausdruck unserer einsamkeit. ein stempeldruck auf durchscheinendem stoff. ein siegel, dass wir sind, für einen moment.
mit meinem finger tippe ich das bild an. grün zuckt der wald.


© G.P. 2016 

sommerland


wiesen breiten einen teppich vor dir aus
während du alles grün in dir aufnimmst
beginnen worte hin und her zu flattern
buchstaben nisten sich in zeilen ein
und das  gedicht entsteht ohne mühen
wie wind, der in dein haar greift

du weißt: für den rest des sommers
wirst du das herz einer schwalbe
bewohnen


© G.P. 2016 

frühlingsmelodie

alle fenster sind
nach süden geöffnet

der wind fegte schon
morgens den himmel licht

erste frühlingsworte
sonnen sich
in blanken spiegeln

und die blauen vögel,
diese unruhegeister,
weben luftige töne

© G.P. 2016 

mond


wie sich seine kühle
auf meine augen legt
für einen moment
ruht sie weiß in mir

hör ich ein flüstern
über dem wald, seine stimme
wendet mein herz
in die verlassenheit der dinge
himmelweise, nachts


© G.P. 2016