Vertrauen


Als er Kind war, redete die Stimme der Mutter in ihm. Sein kleiner Mund blieb stumm.
Bald veränderten sich die Klangfarben der Wörter. Wurden schriller, höher, dann wieder dumpfer.

Er hörte auch andere Melodien. Das knarrende Geräusch eines rückwärts geschobenen Stuhls, das Pfeifen des Wasserhahns, das Klappern von Töpfen.
Diese Welt wurde seine Vertraute. Er konnte sich auf das Knarzen ausgetretener Dielenböden verlassen, auf den Nachhall zugeschlagener Türen, das regelmäßige Klopfen der Regentropfen an seine Fensterscheiben, den gleichbleibenden Gesang der Amsel.

In den Wörtern der Menschen witterte er schon früh den Verrat. Er hörte, wie die Sprache, je nach Stimmung sich verdunkelte oder erhellte.
Nicht mehr länger vertraute er der menschlichen Zunge.


© G.P. 2016