Schlaf


nachts, wenn niemand auf dich aufpasst, du dich für Stunden loslässt und dennoch atmend am Leben hältst. du schweigst während der Nacht schlägt dein Herz ohne dein Wort. Wolken ziehen über deinen Schlaf. die Stirn des Himmels berührt die deine. du bist ganz Sein in den Stunden der Dunkelheit. alles geschieht für eine Weile ohne dein Zutun liegst du offen und bedingungslos still. Schwärme von Erinnerungen streifen dich wie zufällig regt sich ein Zeichen, verblasst. nur ein Aufglimmen von etwas, was im selben Augenblick ins Nichts zerfällt.
wir öffnen die Augen und schließen sie, bevor wir wirklich gesehen.
 
Gabriele Pflug

Wie lange


erträgt die Geduld des Papiers die harten Striche. Punkte, die ins Innerste bohren.
Buchstaben wie Speerspitzen.
Brandsätze, die Seiten verbrennen.
Wann brennen die nächsten Bücher?
 
Gabriele Pflug

Fremde Welten


Helle Gezeiten schlagen an dein Ohr
auf die Haut zeichnen Sternbilder

fremde Welten

Du berührst den Tag jetzt leichter
bei so viel Weite um dich herum
 
Gabriele Pflug

Die Nacht geht an

deine Gedanken sind näher
bei dir abseits des Lichts
tastest du anders nach den Dingen
dem Stuhl und Tisch entlang der Wand
fühlst du deine Angst indes dein Körper altert
mit jedem Schneefall werden die Ränder heller


Gabriele Pflug

Poesie der Natur VI


Weidenwuchs am Saum des Wassers
wohin der Schlaf mich führt
der Mond die Wellen kräuselt
pflücke ich Schneeblüten
aus eisiger Luft ist die Welt
verfangen im Geäst einer Januarnacht

Gabriele Pflug

Weiße Wildnis, nachts


nimmt erneut Schnee
Felder und Wiesen ein
erblindeter Mond und ich
nichts als blaue Schatten
auf vergänglichem Terrain
 
Gabriele Pflug

Einfallender Abend


Wolken fließen
in die Mündung des Abends

schlägt eine Glocke
hell den Ton

und in dir zerspringt
gläsernes Schweigen
 
Gabriele Pflug

Kind und blaues Pferd inmitten einer Winterlandschaft


hörst du nicht manchmal
das Kind und sein blaues Pferd
vom Schneehügel kommen

sag nicht
du seist schon erwachsen
und könntest sie nicht erkennen

die Zeit hat dich taub gemacht
doch die leisen Töne schlafen
zwischen den Kristallen
bis zur Kältewende

leg dein Ohr an die Schneehaut
atme stiller als die Stille
die aus dem Damals weht
im Winterwind warten sie

und blau und wild jagt
das Pferd unter dem Januarmond
 
Gabriele Pflug