Schneegestöber


aus Schwarzträumen schwingt Herzläuten
über die weiße Weite
wandert ein graugeschälter Himmel

durch den Linnenriss
fällt gezwirntes Licht

Gabriele Pflug

über die Sehnsucht


Anis und Kümmelkrümel gegen die Nachtgram
gegen die Augenbilder die aus den Höhlen
wachsen und keines ist des andern
Umarmung ich stähle mich gerne ein wenig
auf und davon über die Treppenschwärze

aus Schnee ist das Gemälde der Stille
die Pforte nach innen geöffnet
einflockende Sicht und Neumondstein
an der Lichterkette des Himmels
 
Gabriele Pflug

eine winterkarte aus klam



ein hügelbild: nichts eckiges
nur geschwungenes schweigen
nachts sind die gehöfte
verglühende sterne
im gefalteten schatten
blüht manchmal ein mond auf

jemand sagt die dunkelheit
sei ein wildes tier
das den schwermütigen
die haut vom leibe ziehe
sonst fällt kein einziges wort
in der kälte

werden gedichte
zu wegbeschreibungen
ihre spuren glitzern wie flügel
die gegen fröste schlagen
 
Gabriele Pflug

vor dem ersten frost


vielleicht sollte ich
meine gedichte einwintern

in der mulde des vergessens
wären sie sicher
vor dem zugriff des schmerzes
 
Gabriele Pflug

trostgedicht für mich (besonders heute)


lass mich taumelnd fallen
in ein bild voll schnee
unter dem winterhimmel
atmet licht
ein meer aus eis
 
Gabriele Pflug

raubzug


vollen munds
begehen wir landraub
und fühlen uns
bedroht
von so viel
armut
 
Gabriele Pflug

der himmel in uns


es wird wieder winter sein
rauchzeichen aus mündern
und verdunkeltem blick

unmittelbarer der gedanke
an tod seine gedeckten farben
aus moder und dunst

doch sind die nächte
umsäumt von deinen worten

hell zeichnen sie
den himmel nach
 
Gabriele Pflug
 

allerseelen

die toten
wort für wort
beatmen

Gabriele Pflug

erntezeit


(für mo)

wenn die sprache
aus dem winterexil
in die welt wächst

schlafende verse
von den umklammerungen befreit

die pfauensonne
ihr rad übers papier schlägt
und tote winkel lichtet

werden wir worte ernten


Gabriele Pflug